An das Undenkbare denken: Wie Eltern für ihren Tod vorsorgen

SABINE MEUTER, dpa

An das Undenkbare denken: Wie Eltern für ihren Tod vorsorgen - © Andrea Warnecke/dpa-tmn
An das Undenkbare denken: Wie Eltern für ihren Tod vorsorgen (© Andrea Warnecke/dpa-tmn)

Viele Eltern verdrängen den Gedanken, dass sie durch Krankheit oder einen Unfall plötzlich sterben könnten. Dabei ist es wichtig, früh Vorsorge zu treffen.

Noch vor dem finanziellen steht ein anderer Aspekt: «Denn den meisten dürfte nicht egal sein, wer die Vormundschaft und damit das Sorgerecht für ihr Kind bekommt», sagt Dietmar Kurze vom Verband VorsorgeAnwalt in Berlin. Genau das können Eltern festlegen. Der Text muss handschriftlich angefertigt und unterschrieben werden. Die Alternative ist ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag.

Aber wie ist überhaupt die Rechtslage in Sachen Vormundschaft? Haben Eltern das Sorgerecht für ihr Kind gemeinsam ausgeübt, dann bleibt es nach dem Tod von Mutter oder Vater bei dem hinterbliebenen Elternteil. «Dabei spielt es keine Rolle, ob die Eltern miteinander verheiratet oder geschieden sind oder ein Paar ohne Trauschein zusammenlebte», betont Eva Becker, tätig im Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein.

Sterben beide Elternteile oder der alleinerziehende Elternteil mit alleinigem Sorgerecht, dann ist zunächst unklar, wer Vormund des Kindes wird. Weit verbreitet ist die Vorstellung, dass die Taufpaten eines Kindes im Falle des Todes der Eltern automatisch Vormund des Kindes werden. «Das ist falsch», erklärt Kurze. Kirchliche Traditionen wie Patenschaften haben keinerlei Auswirkungen auf das Zivilrecht. Was aber nicht heißt, dass Paten nicht Vormund eines Kindes werden könnten.

«Das aber müssen die Eltern oder der alleinerziehende Elternteil in einer Verfügung bestimmen», so Kurze. Das Sorgerecht geht auch nicht automatisch auf den Lebensgefährten oder die Lebensgefährtin einer alleinerziehenden Mutter oder eines alleinerziehenden Vaters über. Wenn das gewollt ist, muss auch dies der oder die Verstorbene verfügt haben.

Wurde kein Vormund für das verwaiste Kind benannt, muss das Jugendamt oder das Familiengericht darüber entscheiden. Solche Verfahren ziehen sich hin. Das belastet nicht nur das Kind, sondern kann mitunter zu einem Ergebnis führen, das nicht den Wünschen der verstorbenen Person entsprochen hätte. «Um all das zu vermeiden, macht eine Verfügung, die Eltern oder Alleinerziehende zu Lebzeiten treffen, viel Sinn», betont Eberhard Rott, Fachanwalt für Erbrecht.

Aber: Bevor Eltern den Namen des gewünschten Vormunds hinterlegen, sollten sie mit der betroffenen Person erst einmal ausloten, ob sie überhaupt bereit ist, im Falle eines Falles Vormund zu werden. In der Verfügung kann ebenfalls bestimmt werden, dass bestimmte Personen auf keinen Fall Vormund des Kindes werden sollen.

Das hat jedoch Grenzen. «Ist ein Paar geschieden oder getrennt, hat aber das gemeinsame Sorgerecht fürs Kind, dann kann das Elternteil, bei dem das Kind lebt, den anderen Elternteil kaum von der Vormundschaft ausschließen», stellt Kurze klar.

Die Person, der man die Vormundschaft anträgt, muss volljährig sein. Ratsam ist auch, einen Ersatz-Vormund zu bestimmen. «Eine mögliche Variante wäre, einen Vormund zu benennen, der sich um das Kind kümmert, und eine weitere Person aufzuführen, die für das Kind als Testamentsvollstrecker das geerbte Vermögen verwaltet», erklärt Rott.

Selbst wenn kein Vermögen vererbt wird, empfiehlt es sich oft, noch einen zweiten Vormund zu benennen, der sich um die finanziellen Aspekte mitkümmern soll. «Zwei mit der Vormundschaft beauftragte Personen haben den Vorteil, dass sie sich gegenseitig kontrollieren können - zum Wohle des Kindes», erklärt Becker.

Kinder erhalten neben einer Halb- oder einer Vollwaisenrente mindestens bis zu ihrem 18. Lebensjahr weiter Kindergeld. Wer seinen Sohn oder seine Tochter darüber hinaus absichern will, hat mehrere Optionen. «Denkbar ist etwa eine Ausbildungsversicherung», erläutert Becker. Daneben kommen etwa auch eine Risikolebensversicherung oder eine Kapitallebensversicherung in Frage.

Eltern sollten sich dazu beraten lassen - auch, was die Höhe der Versicherungssumme angeht. «Ist Vermögen vorhanden, dann können Eltern in der Verfügung veranlassen, dass das Kind zum Beispiel zu seinem Geburtstag oder zu Weihnachten eine bestimmte Summe ausgezahlt bekommt», sagt Rott.

Ebenfalls kann festgehalten werden, dass das Kind etwa zu Monatsbeginn ein Taschengeld in bestimmter Höhe aus dem Vermögen erhält - etwa, um so den Umgang mit Geld zu lernen.

Generell gilt: «Die Verfügung, wer Vormund werden soll, sollte nicht Bestandteil des Testaments sein», betont Kurze. Denn es können viele Wochen vergehen bis das Testament eröffnet wird. «Besser ist es, zu Hause einen Ordner zu haben, der leicht auffindbar ist und in dem alle Vorsorgedokumente abgeheftet sind», erklärt Becker. Sinnvoll kann auch sein, eine Kopie beim Vormund zu hinterlegen. Das Dokument kann notariell beurkundet werden - ein Muss ist das aber nicht.

Zu den Personen:

Dr. Dietmar Kurze ist Geschäftsführer und Vorstand des Verbands VorsorgeAnwalt.

Eva Becker ist Fachanwältin für Familienrecht und Vorsitzende des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein.

Eberhard Rott ist Fachanwalt für Erbrecht und Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögensvorsorge. (dpa/tmn)

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